Es ist ein wolkenverhangener Novembertag in Heidelberg. Sogar so sehr, dass man die Villen auf der anderen Seite des Neckars, nur zur Hälfte zu sehen bekommt. Geschweige denn, das berühmte Schloss. Dieses hat sich gleich ganz hinter dem Dunst verzogen. Was soll ich sagen, es ist ziemlich ungemütlich und der Aufenthalt im Freien ist heute wahrlich kein Zuckerschlecken. Deshalb, kurzer Zug durch die „Gemeinde“ und dann bloß wieder schnell dort hin, wo es warm und trocken ist.

Heart & Soul

 

Der kleine Zug durch die Gemeinde war eigentlich als Spaß gedacht, quasi als Metapher. Und jetzt bin ich versehentlich doch in oder bei der Kirche gelandet. Der Evangelischen nämlich. Was das mit Kaffee zu tun hat, wollte ich dann schon genauer wissen.

Also die „Kirche“ sieht man dem Heart & Soul schon mal überhaupt nicht an. Nach außen wirkt, oder ist es ein ganz normales Kaffee. Oder nein, schon ein Café das aus der Masse heraus sticht. Individuell eingerichtet, mit allem was ein neuzeitliches Café braucht. Eine La Marzocco Linea, ein eigener Kaffee, geröstet im Auftrag bei Helder & Leeuwen in Mannheim, verschiedene Filterkaffees im Angebot und in unregelmäßigen Abständen finden dort auch sogenannte „Wohnzimmer-Konzerte“ statt. Soweit, so gut, so normal. Beim Bezahlen ist jedoch alles anders. Mein Espresso kostet so viel, wie ich bereit bin zu geben. Was? Wie soll das denn gehen?

Mein Espresso kostet so viel, wie ich bereit bin zu geben.

Auf dem Tresen steht eine Art „Spenden-Dose“ in die jeder rein wirft, was er für angemessen hält. Alle Mitarbeiter im Heart & Soul machen ihren Job übrigens ehrenamtlich, bekommen also kein Geld für ihre Arbeit und so hält sich der Laden am Laufen. Und keine Angst, auch als „unchristlicher“ Kaffee-Trinker ist man willkommen. Wäre ich nicht so neugierig gewesen, mir wäre fast nichts außergewöhnliches aufgefallen.

HEART & SOUL, Bergheimer Str. 133, 69115 Heidelberg http://www.getheartandsoul.de

Kaffeezimmer

Jetzt war ich dann doch überrascht. Verabredet in einem Café namens Kaffeezimmer, hatte ich zugegebenermaßen ein mulmiges Gefühl. Studentenbude oder verspieltes Mädchen-Café? Diese Varianten stehen nicht gerade auf meiner Favoriten-Liste. Das Kaffeezimmer ist aber glücklicherweise genau das Gegenteil. Cool, designed und mit dem Charme eines modernen Großstadt-Cafés. Soll heißen, in Berlin oder sonstwo müsste man sich auch nicht verstecken. Und das überaus sympathische Personal tut sein übriges.

Passend zum geschmackvollen Interior, steht auf der Theke eine pechschwarze FB80 von La Marzocco, mit welcher die wohlschmeckenden Heißgetränke zubereitet werden. In meinem Fall ein Espresso von der Roestbar aus Münster, an dem es rein gar nichts auszusetzen gab. Man könnte sagen, dieser traf genau meinen Geschmack. Herb, nussig, schokoladig. Wunderbar.

Neben meiner Vorliebe für guten Espresso, gibt es noch die eine oder andere. Kuchen gehört eindeutig auch dazu. Und wenn ich schon mal dabei bin, der Aprikosen-Kuchen war schlichtweg `ne Bombe. Ich hab schon lange keinen so guten Kuchen mehr gegessen. Also, wer Espresso oder Kuchen oder vielleicht sogar beides mag, ist im Kaffeezimmer bestens aufgehoben.

KAFFEEZIMMER COFFEE & CO, Bahnhofstr. 34, 69115 Heidelberg http://www.kaffeezimmer.de

Casa del Caffè

Warum hab ich diesen Laden bloß nicht früher gefunden. Vor 5, 10 oder auch schon 15 Jahren bin ich regelmäßig durch Heidelberg geirrt, auf der Suche nach einem guten Espresso. Damals fast immer ohne Erfolg. Die eine oder andere genervte Kollegin, könnte das bestätigen. Und jetzt das. Seit 22 Jahren gibt es das Casa del Caffè. Ich muss blind gewesen sein. Und für die Jüngeren, Google Maps gab`s nicht schon immer.

Jetzt hab ich`s, mit Hilfe der amerikanischen Krake dann doch gefunden und mich sofort wohl gefühlt. Die der Zeit entrückte Bar ist quasi das Gegenstück zur geradlinigen Holz-Stein-Metall-Architektur neuer Kaffee-Tempel, und versprüht vermutlich gerade deshalb einen ganz besonderen Charme. Mittelpunkt des kleinen Cafés in der Steingasse ist die einzigartige Bar. Gefertigt aus einem Stück, ist die geschwungene Bar aus Stein und Kupfer eine Augenweide. Man wähnt sich eher in einem französischen Bistro, als in der „Casa del Caffè“. Das kann natürlich auch daran liegen, dass die Bar ursprünglich aus einem französischen Café, der 30er oder 40er Jahre entstammt. Wie auch immer, das kleine Kaffeehaus fügt sich wunderbar in die ebenfalls sehenswerte Steingasse. Man fühlt sich dort fast wie in einer anderen Zeit. Und seien wir mal ehrlich, wollen wir das nicht ab und zu alle mal?

Casa del Caffè, Steingasse 8, 69117 Heidelberg  http://www.casa-del-caffe.de

coffee nerd

Fachidiot, Sonderling, Streber. Im englischen bezeichnet man diese Spezies gemeinhin als Nerds. Waren diese speziellen Typen, vor einigen Jahren noch das Gegenteil von cool, sind manche von ihnen heutzutage zum Helden avanciert. Die Coffee Nerds sind also quasi „Helden des Kaffees“ oder haben sich zumindest, voll und ganz, dem Thema Spezialitäten Kaffee verschrieben.

Schlicht, modern, Fahrrad.

Und so bedient das Coffee Nerd auch alle Klischees eines Third Wave Cafés. Schlicht, modern, Fahrrad. Sarkasmus? Wenn überhaupt, dann nur ein bisschen. Denn erstens, wünsche ich mir mehr Cafés dieser Art und schließlich hing in meinem Laden ja auch ein Rennrad an der Wand. Also soviel dazu.  In erster Linie geht es hier eh um Kaffee und der ist wirklich auf höchstem Niveau. Die Namen der wechselnden Kaffees, wie THE BARN, GARDELLI oder PLAYGROUND sagen schon vieles und die derzeit gefragteste Maschine, in der Welt der „Coffee Nerds“, SLAYER aus Seattle sagt dann alles über die ambitionierten Macher dieses Kaffeehauses. Jeden Morgen ab 9.00 Uhr gibt es hier alles was das feine Koffein-Herz begehrt. Für Freunde des Spezialitäten Kaffees ein absolutes Muss.

coffee nerd, Rohrbacher Str. 9, 69115 Heidelberg  http://www.coffeenerd.de/

Sie sehen Heidelberg hat nicht nur die längste Fußgängerzone Europas und ein beeindruckendes Schloss, sondern auch das eine oder andere gute Café.

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