Eines schon mal vorab. Leipzig ist eine überaus sehenswerte Stadt und obendrein auch noch ziemlich cool. Vom schicken Musikviertel, mit seinen herausgeputzten Gründerzeit-Bauten, über Plagwitz, wo man sich ein bisschen wie in Klein-Kreuzberg vorkommt (das ist durchaus als Kompliment gedacht), bis hin zu den Ecken wo Stadt-Villen und Häuser dem Zahn der Zeit überlassen wurden und langsam aber sicher verfallen, hat alles einen ziemlichen Charme. Kein Wunder, dass Leipzig zur am schnellsten wachsenden Großstadt Deutschlands aufgestiegen ist.

Nur beim Kaffee, respektive Espresso ist noch viel Luft nach oben. In der Innenstadt ist dieses wunderbare Getränk (genießbar) quasi überhaupt nicht zu bekommen. Selbstverständlich hat jeder Gastronomische Betrieb Espresso & Co. auf der Karte und so etwas wie eine Espressomaschine haben sie natürlich auch. Wie man allerdings mit diesen Gerätschaften umgeht, davon haben sie nicht den Hauch einer Ahnung. Hauptsache irgendeine braune Brühe läuft in die Tasse. „Das kommt ja schließlich so aus der Maschine, da kann man nichts machen. Und so einen anspruchsvollen Besserwisser , wie den aus Stuttgart haben wir als Gast ja Gott sei Dank nicht so häufig.“

Aus reiner Not landete ich sogar bei SEGAFREDO in der Reichsstraße. „Il Vero Espresso Italiano“ prangt in großen Lettern an den gebrandeten Schirmen. Ganz schön mutig. Denn mit Italienischer, oder überhaupt irgendeiner Espresso-Kultur hat das alles wenig zu tun. Zwar besser als der ganze Schrott von vorher, aber immer noch Meilenweit entfernt von Genuss.

Bezogen auf die Einwohnerzahl hat Leipzig anscheinend sogar die größte Dichte an Röstereien im ganzen Bundesgebiet. Aber wo sind die bloß? Ok, es gibt das Kaffeehaus Riquet. Aber dort wäre vermutlich der Kuchen meine erste Wahl, denn Kaffee gibt`s dort noch im Kännchen.

Also raus aus der Innenstadt und erst mal Google fragen. Espresso Leipzig eingegeben und Volltreffer!

ESPRESSO ZACK ZACK, Albert-Schweitzer-Straße 2, 04317 Leipzig

Ziemlich versteckt im Leipziger Osten und für den normalen Leipzig-Besucher keinesfalls durch Zufall zu erreichen, liegt das ESPRESSO ZACK ZACK. Der kleine Umweg lohnt jedoch auf jeden Fall. Liebhaber der italienischen Brühkunst kommen hier voll auf ihre Kosten. Der perfekt zubereitete Espresso kam zumindest meinen Geschmacks-Nerven sehr entgegen. Kräftig, vollmundig, schokoladig und mit einer leicht süßen Note. Ich fand ihn super und hab deshalb direkt einen Zweiten bestellt. Wen`s interessiert, die Hausröstung von ESPRESSO ZACK ZACK, die man selbstverständlich im Café auch käuflich erwerben kann, kommt von der Tiroler Traditions-Rösterei SCHREYÖGG und wird dort, quasi als Auftrags-Röstung hergestellt.  Wie auch immer, wer auf echt italienischen Espresso-Geschmack steht ist hier bestens aufgehoben.

BRÜHBAR KAFFEERÖSTEREI, Weißenfelser Straße 24, 04229 Leipzig

Mit der BRÜHBAR im Stadtteil Plagwitz hat auch die „Third Wave“ oder auf Deutsch  „3 Generation“ in Leipzig Einzug gehalten. War die „First Wave“ der ordinäre Filterkaffee, eroberte in den Neunzigern die „Second Wave“, also Espresso, Cappuccino & Co, die Welt. Die sogenannte „Third Wave“ hebt die Welt des Kaffees nochmals auf ein völlig neues Qualitäts-Niveau.  Zu Besichtigen in der BRÜHBAR KAFFEERÖSTEREI.

Hier kommen ausschließlich reine Arabicas zum Ausschank, als Filterkaffees zubereitet im Syphon oder als Pour Over und selbstverständlich auch als Espresso. In diesem Falle natürlich aus einem Siebträger, dessen  Fabrikat ich leider nicht erkennen konnte. Aber da ein Profi am Werk war, ist das auch eher zweitrangig. Schließlich ist der Mensch der entscheidende Faktor für guten Kaffee.

Für mich gab es einen Espresso  aus der „Honduras-Mischung“. Wunderbar rund, würzig, nussig und mit einer ganz leichten, fruchtigen Note.  Eindeutig einer der besten reinen Arabicas, die ich in letzter Zeit getrunken habe.  Und wer mehr auf fruchtige Kaffees steht, wird hier ebenfalls fündig. Die Brühbar ist auf jeden Fall einen Besuch wert.

CAFÉ KATER, Rudolph-Sack-Str.2, 04229 Leipzig

Und wer`s etwas cooler mag, überquert einfach die Straße und schon ist man im CAFÉ KATER. Das Interior sieht zwar etwas nach Sixties-Flohmarkt aus, hat aber durchaus einen gewissen Charme. Am Ende lebt ein Café ja auch durchs Publikum und an jenem Samstag war dieses ziemlich gut aussehend und hip. In meinem Anzug kam ich mir da zwar kurz etwas fehl am Platz vor, als jedoch keiner Notiz von mir nahm, war`s mir dann auch egal. Mein Espresso wurde jedenfalls mit professioneller Liebe zubereitet und das Ergebnis war ein außerordentlich wohlschmeckender kleiner Schwarzer. Laut der sympathischen Dame hinter dem Tresen, kommen die Bohnen von der eben besprochenen Rösterei Brühbar. Sprich direkt vom Laden gegenüber. Das nenne ich mal echte Nachbarschaftliche Zusammenarbeit.

VARY, Eisenbahnstraße 7, 04315 Leipzig

Erst gab`s gar nix und jetzt geht`s Schlag auf Schlag. Das VARY ist gleich der nächste coole Laden, der es versteht wie man leckeren Espresso zubereitet und wer will bekommt auch noch saftige Beats auf die Ohren. Im VARY gibt es auch ein inzwischen ziemlich seltenes Gut zu kaufen, die guten alten Schallplatten. Ich finde die Kombi aus Plattenladen und Café großartig und kann nur empfehlen mal vorbei zu schauen. Auch wenn die Eisenbahnstraße vielleicht nicht gerade auf dem Weg liegt. Zu Belohnung gibt`s ja einen guten Kaffee.

CAFÉ FLEISCHEREI, Jahnallee 23, 04109 Leipzig

Zum Abschluss gab`s dann nochmal einen kleinen Dämpfer. In den historischen Räumen einer ehemaligen Fleischerei hat sich inzwischen ein Café niedergelassen. Die Räumlichkeiten sind wirklich eine Augenweide und fallen sogar beim vorbei fahren auf. Allerdings kann ich eines nicht verstehen. Warum eröffnet man ein Café, wenn man doch ganz offensichtlich zu diesem Getränk keinerlei Bezug hat. Mein Espresso war selbst beim zweiten Versuch so erbärmlich, dass ich mich frage, wie überhaupt jemand dieses Gebräu trinken kann. Wie Eingangs ja schon erwähnt: Bohnen, Mühle und Maschine sind das eine, aber man sollte schon auch wissen wie man diese Dinge zusammenfügt.  In der FLEISCHEREI interessiert das leider keinen. Besonders schade finde ich, dass ich wohl nicht der erste war, der sich über die Espresso-haltigen Getränke beschwert hatte. Mir wurde bedeutet, dass dies den Chefs wohl ziemlich schnuppe sei. Na dann, weiterhin viel Glück im Kaffee-Geschäft.

…zum Schluss.

So das war`s erst mal aus Leipzig. Mehr konnte ich in einem halben Tag leider nicht schaffen, aber hierher komm ich auf jeden Fall nochmal. Dann werde ich auch die Rösterei RÖSTGUT in der Holbeinstr. 29 besuchen (diese wurde mir wärmstens empfohlen) und noch die eine oder andere verstecke Kaffee-Bar. Also bis dann.